2020

Ein aufregendes, anstrengendes Jahr ist zu Ende. Ein Jahr, in dem vieles so ganz anders war, als wir es bisher kannten. Ein Jahr mit einschneidenden Veränderungen, mit Unsicherheit, Ängsten, Sorgen. Ein Jahr, in dem vieles auch gleich geblieben ist, mit sicherlich auch schönen Momenten, neuen Erkenntnissen, positiven Erlebnissen, Freude, Zuversicht, Hoffnung, Mut.

Corona hat das Thema des letzten Jahres für viele von uns sicherlich maßgeblich bestimmt und wird auch in diesem Jahr weiterhin eine Rolle spielen. Hat Einfluss genommen auf unser Denken und Handeln, hat uns neue Sichtweisen beschert, hat Streitigkeiten heraufbeschworen, Ängste geschürt und verstärkt, Träume zerplatzen lassen und Existenzen bedroht oder zerstört, neue Ideen hervorgebracht, Kreativität gefördert, hat zusammengeschweißt oder entzweit und wird dies vermutlich weiterhin tun.

Es gibt immer die eine oder die andere Sichtweise und es gibt in jeder Situation die zwei Seiten einer Medaille. Wo es Negatives gibt, gibt es immer auch Positives. Wenn etwas  geht, entsteht etwas Neues. Aus meiner Sicht lohnt es sich immer beide Seiten einer Medaille zu betrachten und darum zu wissen, dass es sie gibt. Es ist eine Frage der persönlichen Einstellung und Sichtweise, wie ich eine Situation bewerte und eine eigene Entscheidung, wie ich mit dieser umgehe. Es gibt Tatsachen, die zunächst einmal so sind, wie sie sind. Es gibt Tatsachen und Situationen, die sich vielleicht nicht verändern lassen, auf die keiner von uns einen persönlichen Einfluss hat. So ist es mit Corona. Egal was jeder einzelne darüber glauben oder denken mag, was stimmt oder vielleicht auch nicht. Die Situation, in der wir uns befinden, ist als solche gegeben. Wie jeder einzelne damit umgeht, wie er darauf reagiert, das hat jeder selbst in der Hand.

Wenn ich mir die Welt träumen könnte, wie sie mir gefällt, würde ich von einer Welt träumen, in der nicht jeder nur an sich denkt. Eine Welt, in der es von großem Wert ist, darauf zu achten, dass jeder das hat, was er zum Leben braucht, in der diejenigen, die viel haben, denen unter die Arme greifen, die vor dem Nichts stehen, denen es schlechter geht. Eine Welt, die von Achtung und Rücksicht aufeinander geprägt ist, in der nicht jeder nur den eigenen Nutzen und das eigene Vorankommen sieht. Eine Welt in der jeder dem anderen das Beste gönnt, in der es nicht darum geht, besser, schneller, höher, weiter zu kommen zu kommen als der Andere. Ich weiß, dass es ein Traum ist, aber Träume können manchmal wahr werden, wenn man sie verfolgt. Wenn jeder bei sich anfängt und nicht darauf wartet, dass der Andere den ersten Schritt tut, wäre ein Anfang gemacht.

Was ich aus dem vergangenen Jahr gelernt habe, ist, wie wichtig Menschen im Leben sind. Menschen, die für mich da sind, die mir die Hand reichen, die mir zur Seite stehen, die mir Mut machen, mir aus einer Notsituation helfen, die mir neue Perspektiven zeigen. Ich fühle mich reich, weil ich solche Menschen in meinem Leben habe.

Besonders für Menschen, die gerade vor dem Nichts stehen, die existenzielle Sorgen haben, die alleine sind, die in schwierigen Verhältnissen leben, ist es wichtig, dass es Menschen gibt, die da sind.

Corona hat nicht nur neue Sorgen und Probleme hervorgebracht, es hat auch bereits bestehende Probleme verstärkt und manchen Menschen im wahrsten Sinne, den Boden weggezogen oder den Deckel weggehauen. Es wird uns alle weitherin viel Kraft kosten, dies aufzufangen, zu bewältigen und zu überstehen, nicht nur im materiellen Sinn. Das ist es, was ich unter Solidarität verstehe. Füreinander da sein, den Anderen sehen. Wenn jeder das gibt, was er kann (und das in jeder Hinsicht), und ich glaube, es wäre sehr viel, was jeder einzelne geben könnte, dann wäre uns allen geholfen, in dieser Zeit. Solidarität kommt besonders in Krisenzeiten zum Tragen und da kommt es meiner Meinung nach auch darauf an, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und den Anderen im Blick zu haben, nicht nur sich, das eigene Wohl und die eigenen Bedürfnisse und Sorgen.

Für mich war das vergangene Jahr ein anstrengendes, lehrreiches mit vielen schönen Momenten, besonderen Situationen und eindrucksvollen Erinnerungen. Ein Jahr, in dem vor allem eines sehr gefehlt hat: Umarmungen.

Virginia Satir, eine der bedeutendsten Familientherapeutinnen, sagte bereits:

„Wir benötigen pro Tag 4 Umarmungen zum Überleben, 8 Umarmungen zum Leben und 12 Umarmungen zum Wachsen“.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen im Laufe des kommenden Jahr wieder möglichst vielen Umarmungen, viel Zuversicht, Hoffnung, Kraft, Mut und Ausdauer und wieder mehr Leichtigkeit und Möglichkeiten und einer Idee von Solidarität, die uns allen weiterhelfen kann und damit 2020 zu einem, trotz allem oder gerade deshalb, gewinnbringenden Jahr für alle werden lässt.